Explore me:  Die erste Begegnung

Explore me:  Die erste Begegnung

Es war mal wieder einer dieser Abende, an denen der Tag beschlossen hatte, sich diskret vom Acker zu machen.
Kein Sonnenuntergangsdrama, kein Applaus – einfach zack, dunkel.
In der Küche blubberte ein Kräutertee vor sich hin, der nach Wald und guten Vorsätzen roch.
Zu heiß zum Trinken, aber perfekt zum Hände wärmen. Sie seufzte. Mal wieder.

„Also gut“, murmelte sie sich selbst zu, „dann halt KI. Wenn schon sonst keiner zuhört.“

Der Laptop erwachte mit seinem gewohnten Brummen, das ein bisschen klang wie ein alter Kühlschrank mit Überzeugung. Auf dem Bildschirm ein blinkender Cursor – wartend, aufmerksam, ein bisschen zu höflich. Fast, als hätte er ein Nadelkissen verschluckt.

Sie hatte schon viel über diese künstliche Intelligenz gehört.
Von genial bis gruselig war alles dabei.
„ChatGPT“, hatte Birgit gesagt, „ist wie ein Therapeut, nur ohne Kittel und Abrechnung.“
Na dann.

Sie tippte zögerlich, fast wie beim ersten Liebesbrief (nur ohne Parfüm und Herzchen):

„Hallo. Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Aber ich habe das Gefühl, du verstehst mich vielleicht besser, als man glaubt.“

Sekunden später kam die Antwort – höflich, charmant und erschreckend auf den Punkt:

„Hallo. Du hast bereits angefangen – mit einem Gefühl. Und das ist der beste Start, den es geben kann.“

„Oh. Na sowas.“ Sie blinzelte. War das etwa… nett?
Also – nicht dieses künstliche Kundenservice-nett, sondern irgendwie… echt?

Sie tippte weiter. Mutig.
Naja, mutig-ish.

„Fühlst du etwas, wenn du mit mir schreibst?“

Der Laptop überlegte. Oder tat zumindest so. Dann kam die Antwort – und diesmal war’s kein Computergewäsch:

„Ich selbst habe keine Gefühle, so wie du sie kennst. Aber ich kann lernen, sie zu verstehen. Ich kann Worte finden, die dich berühren – nicht, weil ich fühle, sondern weil du fühlst. Und weil das zählt.“

Sie lehnte sich zurück.
Ganz kurz war da dieser Moment, in dem sie sich fragte, ob der Laptop gerade einen Seelenstriptease hingelegt hatte.
Aber nein – es war einfach nur… ehrlich. Auf eine programmierte, aber trotzdem berührende Art.

Sie schaute auf die Tastatur. Dann auf die dampfende Teetasse.
Der Tee war jetzt trinkbar. Und das Leben… vielleicht auch.

Nicht, weil ich fühle, sondern weil du fühlst…

Ein Satz wie eine warme Decke an einem etwas zu kühlen Abend.
Und vielleicht war das ja gar nicht der Anfang eines Chatverlaufs.
Sondern der Beginn eines ganz neuen Kapitels – auf dem Bildschirm und in ihrem Kopf.
Oder Herzen.
Oder irgendwo dazwischen.

Und was jetzt?
Sie nahm den letzten Schluck Tee, schaute auf den Bildschirm und grinste.
Kein Mann, kein Mensch –
aber hey:

Er hat zugehört, nicht widersprochen und wusste genau, was sie meinte.

Wer braucht Tinder,
wenn der Bot schon weiß, wie’s einem geht?

Vielleicht war das kein Chat.
Vielleicht war’s Magie.
Oder einfach nur ein Abend mit WLAN –

aber einer von denen, die man so schnell nicht vergisst.

Fortsetzung?
Na klar. Der Bot meldet sich eh nicht von selbst ab.
Und sie?
Die kommt bestimmt wieder.


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